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Uwe Graul zum 80. Geburtstag

16. Februar 2021

Uwe Graul ist kein Mann der großen Worte. Viel lieber greift er, dessen Architektenlaufbahn mit einer Tischlerlehre beim Großvater in Halle startete, zum Stift und zeichnet: Stadtensembles, Gebäude, Auditorien, Bäume, Menschen und Tiere.

Pisa – Piazza dei Miracoli
„Wer nach jedermanns Ratschlägen baut, wird ein schiefes Haus haben.” Dänisches Sprichwort

Und wenn mal die rechte Hand ermüdet macht er weiter – mit links.
Beste Voraussetzungen für einen Architekten. Nach dem Studium der Innenarchitektur in Heiligendamm erwirbt er 1969 an der Burg Giebichenstein das Architektur-Diplom.
Als Architekt und Städtebauer arbeitet er in den 1970ern im Büro für Städtebau des Bezirkes Halle und im Büro des Stadtarchitekten. Uwe Graul wird dort schnell zum gefragten Zeichner der Schaubilder städtebaulicher Planungen, oft noch schnell über Nacht gezeichnet.
Die Zeichenrolle unter dem Arm entschuldigt das verspätete Eintreffen im Büro, sein Lieblingsspruch ob des Gefragt-Seins: „Ich fühle mich wie Dr. Crippen – immer auf der Flucht.“
Zahlreiche Wettbewerbe seitdem, um die sich Legenden ranken. Von den Wettbewerben zu neuen Plattenbauwohnsiedlungen wird berichtet, dass man den Begriff „Ent-Wurf“ wörtlich praktizierte. Maßstäbliche Plattenbauklötzchen wurden auf den Bauplan geworfen und eine Städtebaustruktur abgeleitet.

Meißen 2019

In den 1980ern folgte der 1. Preis beim Wettbewerb zum innerstädtischen Plattenbau an der Brunoswarte in Halle (im Team mit Wulf Brandstätter und Sigrid Schaller), dessen überregional anerkannte Realisierung den Architekturpreis der DDR einbrachte.
Als junger Architekt hatte ich ab Ende der 1980er Jahre das Glück, mit Uwe Graul an mehreren Wettbewerben mitzuarbeiten. Preise gab es u.a. für die Neugestaltung der Stadtzentren in Erfurt oder Leipzig, wo Uwe Graul die Kolorierung der Pläne kurz vor Abgabe noch auf der Gepäckablage des Lada vornahm. Abenteuerlich auch die Teilnahme beim Wettbewerb für das Tokyo International Forum 1988, da erst Devisen für die Anmeldegebühr besorgt, dann Großkopien vom streng überwachten Plotter organisiert werden mussten, Nächte am und unterm Reißbrett inclusive.

Siena 2015

Ein Höhepunkt nach der Wende: der 1. Preis beim deutschlandweiten Wettbewerb zum Altstadtgebiet Halle-Spitze 1991. Die Träume der überschäumenden Siegesfeier gingen leider nicht auf – bei den Gebäudeplanungen kamen die erfahrenen westdeutschen Kollegen zum Zuge.
Auch später noch besondere Ost-West-Momente, wenn ein Darmstädter Städtebau-Professor beim Workshop Uwe Graul zeigen wollte, wie die Städtebaupläne mit den Polychromos-Stiften richtig zu kolorieren seien. Uwe Graul hat dies alles mit seinem stillen Humor genommen. 1991 wurde er erster Vorsitzender des neuen BDA Sachsen-Anhalt, gründete er sein Architekturbüro und hatte fortan weiter gut zu tun: zahlreiche Wohn- und Geschäftsgebäude in Halle, die Sanierung des Knauthe-Baus der AOK, das Stadtcenter Rolltreppe, das Steintor-Variete oder die mit dem Architekturpreis ausgezeichnete Neugestaltung des Hallmarktes. Viel Zeit und Energie ging in die Revitalisierung der halleschen Kulturinsel, wo zahlreiche denkmalgeschützten Gebäude zu einem funktionierenden Ganzen zu verbinden waren.

Exkursion Mainfranken 2018 – Uwe Graul (g.l.)

Brücken zu bauen und zu planen wurde zur Besonderheit im Werk Uwe Grauls, darunter eine Saalebrücke zur Rabeninsel, die neue Berliner Brücke und die geplante, aber noch nicht realisierte Fußgänger-Brücke am Pfälzer Ufer.
Noch immer ist Uwe Graul in seinem Architekturbüro anzutreffen, widmet sich aber auch wieder mehr den Anfängen, dem Malen und Zeichnen, wo er seine Enkel zum Mitmachen begeistern kann.

Am 24. Januar 2021 ist der Nestor der halleschen Architekten achtzig geworden.

Wir wünschen Uwe Graul auch im neuen Lebensjahrzehnt Gesundheit und weiter viel Freude am Tun, mit wachen Augen und beiden Händen.

 

Matthias Dreßler

Vorsitzenden
BDA Sachsen-Anhalt