Archiv Klaus Kinold, München

Preisträger BDA-Architekturpreis Nike 2022

Wohnanlage Genter Straße

München

Archiv Klaus Kinold, München

Wohnanlage Genter Straße

München
Projekt
Wohnanlage Genter Straße 13
Architekt
Otto Steidle mit Doris und Ralph Thut

Votum der Jury Nike 2022

Ein Experiment ist die Wohnanlage in der Genter Straße schon lange nicht mehr. In 50 Jahren Bestand haben die „living structures“ von Otto Steidle bewiesen, dass sie sich verschiedensten Lebenskonstellationen anpassen können, ohne an Charakter zu verlieren. Die Skelettbauten haben Möglichkeitsräume offengehalten, die von ihren Bewohnern unterschiedlich in Besitz genommen wurden. Das robuste Grundgerüst, die Einfachheit des variantenreichen Ausbaus, die Sparsamkeit der Mittel und die Partizipation der Bewohner lassen die Gebäudegruppe an der Genter Straße zu einem Vorbild für nachhaltigen Wohnungsbau werden: offen für Kommendes und damit lebenszugewandt.
Otto Steidle, Ralph und Doris Thut entwickelten gemeinsam die Wohnanlage in der Genter Straße. Die sieben Wohneinheiten waren für Familie, Freunde und das eigene Architekturbüro bestimmt, das sich dort bis heute weiterentwickeln konnte. Drei ähnliche, mit den jeweiligen Nutzern vor der Fertigstellung abgestimmte Hausgruppen folgten zwischen 1972 und 1976 in der Nachbarschaft, so dass nach und nach ein durch Wege, Treppen, Plätze und Gärten verbundenes, fast dörfliches Quartier entstand.

Baumgleich setzen die Betonstützen mit ihren allseits auskragenden Konsolen den Rahmen, der ein Weiterbauen anzeigt. Je nachdem, in welcher Höhe die Träger aufliegen, ergeben sich versetzte Bühnen, die ein-, eineinhalb- oder auch zweigeschossige Räume erlauben. Durch die in versetzten Ebenen sitzende Pfosten-Riegel-Fassade bilden sich Erker, Loggien und Terrassen aus. Das vielgliedrige Fachwerk bedingt ein lebendiges Spiel mit Glasflächen und farbigen Paneelen, die – wo nötig –Sichtschutz gewähren.
Wie wichtig bei einem so offenen System die Erschließung ist, zeigen die Außentreppen: Sie schlagen Brücken, bauen Zwischenverbindungen und schaffen die Voraussetzung für Trennungen. Dabei inszenieren sie Bewegung und Begegnung. Der stets veränderliche Systembau bewährt sich als soziale Plastik und begeistert durch seine noch immer gegenwärtige Architektur.

Preisträger

BDA-Architekturpreis Nike 2022 – Klassik-Nike